16.03.09

Der Nazis neue Kleider

von Jennifer Maurer

Die Helden der neuen, modernen Nazis sind Hitler – und Rudi Dutschke. Sie nennen sich Autonome Nationalisten (AN), tragen schwarze, sportliche Kleidung – und die in der linksalternativen Szene beliebten Buttons, auf denen die Autonomen Nationalisten allerdings ihre rechten Slogans propagieren. Bei den Kundgebungen der AN, die eher an große Partys erinnern, läuft Musik von eindeutig nicht rechts ausgerichteten Punk-Bands wie „Die Ärzte“. Die Website der Autonomen Nationalisten ist in den Farben pink-schwarz gehalten – ihren Erkennungsfarben auch auf Aufklebern, Plakaten und Graffitis. Sie haben einen neuen Lifestyle entwickelt und die Popkultur für sich entdeckt – die neuen, modernen Nazis, die auch in Franken agieren.

Links getarnt und mit antikapitalistischen und antiimperialistischen Forderungen richten sich die Autonomen Nationalisten insbesondere an Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren. Ganz offen versuchen diese neuen Nazis mit ihrer linken Tarnung Jugendliche zu ködern und bei „Demonstrationen die Herzen der Bevölkerung zu gewinnen“, wie das rechtsextreme "Autorenkollektiv linker Niederrhein", das deutlich Partei für die Autonomen Nationalisten ergreift, laut Verfassungsschutz schreibt und rein rhetorisch fragt: "Spricht es die Jugend nicht vielmehr an, wenn beispielsweise der Metal-Head oder der locker gekleidete Skater im Demonstrationszug seinesgleichen entdeckt?"

Die Autonomen Nationalisten haben nach offiziellen Angaben des Verfassungsschutzes in Deutschland etwa 440 Anhänger, die der gewaltbereiten Neonaziszene angehören. Damit sind rund zehn Prozent der zirka 4400 Neonazis, die der Verfassungsschutz jüngst bundesweit registriert hat, Autonome Nationalisten. Die Gruppierung entstand 2002. Zwölf Jahre zuvor waren einige neonazistische Organisationen verboten worden, woraufhin sich die Neonazis zunächst in strukturlosen Kleingruppen sammelten.

Die Autonomen Nationalisten gelten beim Verfassungsschutz als "militante Randerscheinung". Gleichzeitig werden sie aber als sehr gewaltbereit eingestuft. Ihre Aggressionen richten die AN hauptsächlich gegen die Polizei und den politischen Gegner, wie Linke oder Alternative. Bei Aufmärschen suchen sie regelrecht nach Auseinandersetzungen mit der Polizei, was bei älteren Neonazis und Teilen der NPD offenbar für scharfe Kritik sorgt: „Traditionelle Neonazis werfen den AN vor, mit ihrer militant-provokativen Haltung potenzielle Sympathisanten zu verschrecken“, berichtet der Verfassungsschutz. Der größte Teil der Neonazi-Szene zeige sich aber mit den Autonomen Nationalisten solidarisch – für den Verfassungsschutz ist dies ein Beweis für das in den vergangenen Jahren gestiegene Ansehen der AN in der rechtsextremen Szene.

Über eine feste Organisationsstruktur verfügen die Autonomen Nationalisten derzeit nicht. Deshalb ist es schwer zu überblicken, wer innerhalb der Gruppierung für was zuständig ist. Bei Demonstrationen ist es wegen der einheitlich schwarzen Kleidung für die Polizei fast unmöglich festzustellen, wem welche Gewalttat oder Ausschreitung zuzuschreiben ist. Damit imitieren die neuen Nazis ein Auftreten, das als „Schwarzer Block“ bezeichnet wird und eigentlich ein Kennzeichen der Linken ist.

Das hat auch Günter Pierdzig (61), der Chef der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in Bamberg hier in der Region Franken festgestellt. Pierdzig bemüht sich, die Geschichte des Nationalsozialismus aufzuarbeiten, die Erinnerung an die Grausamkeiten des NS-Regimes wach zu halten und derjenigen zu gedenken, die in Konzentrationslagern waren.

Pierdzig, der regelmäßig an den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit nicht nur in Gräfenberg teilnimmt, kennt sich sehr gut aus: "Das ist eine neue Szene, die sich auch hier bildet. Der Trend bewegt sich weg von der NPD und den Jungen Nationaldemokraten, weil die den jungen Leuten zu sehr ,Krawattenträger‘ sind." Die Mehrheit der jungen Rechten sei zunehmend radikalisiert und gewaltbereiter, beobachtet Günter Pierdzig die Szene. Das zeige sich vor allem an der „Kameradschaft Hochfranken“.

 

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