16.03.09

Äpfel gegen braune Matschbirnen

von Martin Kreklau

Ob in Gräfenberg, Wunsiedel oder Bamberg, oft sieht man sie bei Kundgebungen und Aufmärschen der NPD: Junge Leute, die schwarz gekleidet mit schwarz-weiß-roten Armbinden und Fahnen durch die Gegend ziehen. Jedoch nicht auf Seiten der Rechtsextremisten, sondern inmitten der Gegendemonstranten. Details wie der schwarze Apfel verraten ihre „Gesinnung“. Diese jungen Menschen gehören der Front Deutscher Äpfel (FDÄ) an, kurz der „Apfelfront“.

Die Apfelfront nimmt in Gräfenberg die NPD aufs Korn. Foto: FDÄ Bamberg

Die Apfelfront ist eine Vereinigung, die sich die Parodie der NPD zum Ziel gesetzt hat. Die Vorgehensweise der NPD und deren Parolen werden von der Front Deutscher Äpfel ins Lächerliche gezogen. Dazu bedient sich die FDÄ eigentlich rechtsextremer Symbolik, die aber mit viel Humor karikiert wird. So prangt auf den Fahnen und Armbinden der Apfelfront ein großer, schwarzer Apfel als eine „deutsche“ Frucht. Auch der Jargon der FDÄ ist auf Deutsch getrimmt: So heißt die Internetseite der Vereinigung nicht wie üblich „Homepage“, sondern  „Heimseite“. Anglizismen werden strikt gemieden.

Gegründet wurde die Organisation 2004 in Leipzig von Alf Thum – heute der „Führer“ der Apfelfront. Anlass war der Einzug der sächsischen NPD in den Landtag. Der Apfel als Symbol wurde wegen des Namens des damaligen Fraktionsvorsitzenden der NPD, Holger Apfel, übernommen. „Zunächst war das ganze als einmalige Aktion geplant, quasi als Reaktion darauf, dass die NPD damals durch ein links-alternatives Viertel in Leipzig marschierte. Diese Provokation wollten sich einige nicht gefallen lassen und nachdem es Erfolg hatte, beschloss man eine dauerhafte Sache daraus zu machen“, erklärt Felix Schmeuser von der FDÄ in Bamberg.

Heute gliedert sich die Organisation in verschiedene Untergruppen, wie zum Beispiel der Jugendorganisation „Nationales Frischobst Deutschland“ (NFD) und der Frauenorganisation „Bund weicher Birnen“ (BWB). Die Apfelfront versteht sich selbst – natürlich augenzwinkernd – als „Nationale Initiative gegen die Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst“.

Aus diesem Selbstverständnis heraus resultiert auch das humoristische Parteiprogramm. Auf Demonstrationen und Kundgebungen der NPD möchte die FDÄ die Gegendemonstranten mit Tanzeinlagen, Klamauk und mehr bei Laune halten. Ein kleines Beispiel: Vergangenes Jahr rief die NPD zu einer Faschingsveranstaltung auf – und wurde von der Apfelfront prompt mit braunen Pappnasen empfangen.

Die Resonanz ist positiv: „Eigentlich alle Leute freuen sich über unsere Auftritte. In Gräfenberg werden wir sogar schon mit Applaus empfangen. Natürlich gibt es manchmal Verwechslungen wegen unseres provokativen Auftretens, aber die Irrtümer sind immer schnell aus der Welt geschafft. Wir leisten da gerne Aufklärungsarbeit“, schildert Schmeuser. 

Die Organisation erfolgt in Eigenregie per E-Mail und Handy. So können für kleinere, spontane Aktionen immer genügend Leute zusammengetrommelt werden. Für größere Events ist die Heimseite der FDÄ die erste Anlaufstelle. „Wichtig ist, dass wir gänzlich gewaltfrei vorgehen, denn wir wollen den Leuten vor Augen führen, dass man auch anders Gesicht gegen Rechts zeigen kann“, betont Schmeuser.

Die Apfelfront ist vornehmlich in Ostdeutschland und Bayern aktiv – und erfreut sich nach eigenen Angaben immer größerer Beliebtheit. Seit Sommer 2007 gibt es auch eine Untergruppe des Gaus „Franken/Ansbach“ in Bamberg: Die „Front Deutscher Äpfel Bamberg“. Sie ist mit ihren Aktionen besonders in Franken, speziell in Gräfenberg vertreten. 

Doch es gibt auch Kritik: Die Symbolik der Apfelfront ist bei flüchtigem Hinsehen nicht sofort als Parodie erkennbar. Im Juli 2006 kam es deshalb zu einem Missverständnis: Der MDR veröffentlichte auf seiner Homepage ein Bild mit Apfelfront-Aktivisten. Die Bildunterschrift lautete: „Die NPD will weg von ihrem Schlägerimage.“ Der Irrtum wurde aber auf Hinweis der Apfelfront korrigiert.

Kritiker sprechen häufig von „Kostümfaschismus“. Anhänger der Apfelfront hätten sich so in ihre Rolle hineingesteigert, dass ihre Auftritte eher kontraproduktiv sind. Die FDÄ kontert mit dem Hinweis, dass Neonazis sich heutzutage oft Symbolen bedienen, die gemeinhin als „links“ bekannt sind. Daher seien die Faschisten oft nicht mehr allein an Symbolen, Kleidung, Musik oder Farben erkennbar. Man kann also beim ersten Hinsehen überhaupt nicht mehr zwischen den modernen Nazis, vor allem den „Autonomen Nationalisten“, und dem linken schwarzen Block unterscheiden. Durch die von der Apfelfront hervorgerufenen Irritationen soll auf diese Tendenz aufmerksam gemacht werden. „Außerdem“, so Schmeuser, „sind wir von der FDÄ immer nur für die Dauer unseres Auftritts kostümiert. Von Kostümfaschismus in diesem Sinne kann also nicht die Rede sein.“ 

Die Zukunft sieht der „Propagandaminister“ der Apfelfront in Bamberg, Felix Schmeuser, durchaus positiv: „Wir bekommen immer mehr Zulauf, da die Leute sehen, dass wir gute Arbeit leisten.“ Der Zuwachs sei enorm, so dass die Bamberger Apfelfrontler jetzt über die Gründung einer Unter-Organisation nachdenken, die dann eventuell „AJ“ – Apfeljugend – heißen soll.

Die FDÄ, sagt Schmeuser, dürfe keinesfalls als linksradikale Organisation angesehen werden. Vielmehr gehe es der Apfelfront darum, den Neo-Faschismus in Deutschland zu bekämpfen und zu zeigen, dass eine Gegendemonstration nicht nur aus stumpfen Parolen besteht, die die Rechtsradikalen ebenso, nur in umgekehrter Form, benutzen. Die FDÄ ist parteilos, Alters unabhängig und siedelt sich im bürgerlichen Milieu an. Gemeinsam mit allen Mitbürgern möchte die FDÄ humoristisch für ein demokratisches und buntes Deutschland eintreten.

 

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