16.03.09

Igensdorf gibt Nazis keine Chance

von Ebubekir Tarhan

„Euch Kinder kriegen wir auch noch.“ Mit Worten wie diesen sind Schüler der Igensdorfer Grundschule auf ihrem Heimweg von Rechtsradikalen belästigt worden, wie Rektorin Claudia Pfeifer berichtet. Das war im September vergangenen Jahres. Die meisten der Schüler, die bedrängt wurden, waren Erstklässler. Rektorin, Lehrer und Lehrerinnen sowie engagierte Eltern ergriffen daraufhin die Initiative.

Hier haben Rechte keine Chance. Foto: Ralf Rödel

Die psychischen Folgen seien enorm gewesen, erläutert Pfeifer, eine erfahrene Pädagogin, die schon seit mehr als 23 Jahren als Lehrerin arbeitet und seit zwei Jahren die Igensdorfer Grundschule leitet. Die Kinder hätten nach dem Vorfall Angst gehabt und akute Weinattacken bekommen. Sie hätten nicht mehr schlafen können und wollten nicht mehr alleine zur Schule und wieder nach Hause gehen. „Die beschützende Funktion unserer Schule wurde durch diese Aktion angegriffen“, sagt sie und bangt, „Unsere Befürchtung ist, dass Zustände wie in Gräfenberg auch in Igensdorf nicht mehr weit weg sind.“

Nur einen Monat später versammelten sich die Schulleiterin, die komplette Lehrerschaft und etwa 100 Mütter und Väter zu einem Elternabend. Bei einem Vortrag unter dem Titel „Der Nazis neue  Kleider“ informierten sich die Lehrer und Eltern über die aktuellen Entwicklungen der rechten Szene. Neben den Symbolen und Führungsköpfen standen Musik, Kleidung, Lifestyle und die Anwerbestrategien der  Rechtradikalen im Vordergrund der Veranstaltung.

Ergebnis des Elternabends war schließlich die Gründung eines Elterngesprächskreises gegen Rechtsextremismus. Zurzeit befindet sich der Elterngesprächskreis noch im Aufbau. Zehn Väter und Mütter haben bislang ihr Interesse an diesem klassenübergreifenden Projekt bekundet und wollen aktiv daran teilnehmen. Sie überlegen zurzeit gemeinsam mit dem Elternbeirat, welche Maßnahmen und Projekte am geeignetsten wären, um der Belästigung der Kinder durch Rechtsextremisten erfolgreich entgegen zu treten.

Hierbei werden Krisenintervention und -prävention groß geschrieben. „Ziel des Gesprächskreises ist es, zu klären, was die Schule tun kann, wenn es wieder so einen Vorfall gibt“, sagt Pfeifer und führt fort, „wir werden mit den Kindern und den Eltern reden und gemeinsam Strategien entwickeln.“

Einfach ist dieses Vorhaben nicht. Besonders, weil es sich hier um recht junge Grundschüler handelt, die nicht wie Jugendliche behandelt werden können. Da es kein vergleichbares Vorgängerprojekt gibt, muss sich die Gruppe um Schulleiterin Pfeifer neue Konzepte überlegen. Als erstes hat man beschlossen, eine Literaturliste zu veröffentlichen, mit deren Hilfe sich Kinder und Jugendliche gemeinsam mit ihren Eltern besser mit der Gefahr von Rechts auseinander setzen und ihre Ängste aufarbeiten können.

Außerdem werden Kooperationen mit verschiedenen Vereinen und Gesellschaften angestrebt. Geplant ist zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit dem „WO-DE Team“, einem Sicherheitsschulungsunternehmen aus München, das für Kinder und Jugendliche ein spezielles Sicherheitsseminar anbietet. Unter Aufsicht von Psychologen, Pädagogen und Soziologen werden Rollenspiele für verschiedene Gefahrensituationen angeboten. Einige Vertreter des Elternbeirats der Igensdorfer Grundschule nehmen zurzeit als Beobachter an solchen Seminaren teil und prüfen, welches Programm übernommen werden kann. 

Angedacht ist zudem eine Zusammenarbeit mit dem „Sicher-Stark-Team“ aus Euskirchen. Dieses bietet Kurse speziell für Kinder an in denen es beispielsweise um Gefahrerkennung und -vermeidung, Selbstbehauptung und Selbstverteidigung geht. Durch entsprechendes Training sollen die Kinder auf solche Situationen wie in Igensdorf gezielt vorbereitet werden. Welche Seminare und Kurse letztlich an der Grundschule Igensdorf angeboten werden, entscheidet der Elternbeirat.

Aber nicht nur vorbeugende Projekte werden von dem Elterngesprächskreis diskutiert, sondern auch Maßnahmen, die helfen sollen, wenn die Grundschüler ein weiteres Mal durch Rechtsextreme belästigt werden. Rektorin Pfeifer kündigt an, dass in diesem Fall Kinderpsychologen zu Rate gezogen würden, welche die Kinder in Einzel- oder Gruppengesprächen professionell betreuen sollen.

 

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